Diagramm

ORGANON ter­mi­no­logy tool­box (von gr. ὄργανον: Werkzeug) ist ein Instrument zur Orientierung in der Landschaft inter­dis­zi­pli­när rele­van­ter Begriffe und Theorien. Mit weni­gen Blicken fin­den Sie hier einen Überblick über rele­vante Diskurse, Grundlagentexte und wei­ter­füh­rende Links.

DIAGRAMM

Version 1.1 (10.10.2017; erhal­ten am: 15.1.2017)

Autor: Daniel A. Werning

Zum Wort
Das Wort diá­gramma bezeich­net im Altgriechischen eine ebene Figur, begrenzt von Linien, ins­be­son­dere eine geo­me­tri­sche Figur. 

Quellen:
LIDDELL, Henry G., und SCOTT, Robert. A Greek-English Lexicon. Bearbeitet von Sir Henry Stuart Jones. Oxford 1940. 

Inhalt
  1. Diskurse und Kontexte
  2. Literatur zum Begriff
  3. Weiterführende Links

  1. Diskurse und Kontexte
    1. Ein phä­no­me­no­lo­gi­scher, medi­en­zen­trier­ter Zugang defi­niert ein „Diagramm“ als ein Bild-Text-Hybrid (oder: Schema-Schrift-Hybrid). Dabei wird ange­merkt, dass das Hybrid über ein blo­ßes addi­ti­ves Verhältnis von Bild und Text hin­aus­geht. Für bestimmte Schrift-/Bildkulturen ergibt sich bei die­sem Ansatz das Problem, dass Bild und Text/Schrift nicht immer scharf zu tren­nen sind (iko­ni­sche Schriftzeichen, sym­bo­li­sche Bildelemente; „Schriftbildlichkeit“) (vgl. ERNST & BAUER 2010: 28f). „Diagrammatische Veranschaulichungen nut­zen […] einer­seits räum­li­che Strukturen / Lagebeziehungen auf der Schreibfläche (wie »links« und »rechts«, »oben« und »unten«, »gegen­sei­tige Nähe« und »Ferne«) und ande­rer­seits die Potentiale der mensch­li­chen Gestaltwahrnehmung (etwa die Fähigkeiten zum Zusammen- und Auseinandersehen, sowie zum Überblicken), um Sachverhalte/Relationen dar­zu­stel­len“ („Diagramm“, in: Glossar der Bild-Philosophie). [DW]

      Quellen:
      BAUER, Matthias, und ERNST, Christoph. Diagrammatik: Einführung in ein kul­tur- und medi­en­wis­sen­schaft­li­ches Forschungsfeld. Bielefeld 2010. 
    2. In der Semiotik nach Charles Sanders Peirce (1839–1914) ist ein „Diagramm“ einer von drei Ähnlichkeitstypen, die zwi­schen einem Zeichen i.e.S. (repre­sen­ta­men, ent­spricht signi­fier) und (der Vorstellung von) sei­nem Bezugsobjekt (dynamic/immediate object, ent­spricht signi­fied) bestehen kön­nen. Neben der „sym­bo­li­schen“ Zeichen–Objekt-Relation (Übereinkunft) und der „inde­xi­ka­li­schen“ Zeichen–Objekt-Relation (Kausalität) unter­schei­det er inner­halb der „iko­ni­schen“ Zeichen–Objekt-Relation (Ähnlichkeit) zwi­schen „Bildern“ („images“), „Diagrammen“ und „Metaphern“. Während Bilder (auch) „ein­fa­che Qualitäten“ ihrer Objekte wie­der­ge­ben, ähneln Diagramme ihren Objekten (nur) strukturell/schematisch, indem sie Relationen wie­der­ge­ben, wel­che ent­spre­chen­den Relationen inner­halb ihrer Objekte ana­log sind (PEIRCE 1903, EP 2:273, CP 2.277). „Many dia­grams resem­ble their objects not at all in looks; it is only in respect to the rela­ti­ons of their parts that their liken­ess con­sists“ (PEIRCE CP 2.282). [DW]

      Quellen:
      PEIRCE, Charles Sanders. On Some Topics of Logic (Lowell Lectures: Syllabus). 1903. 
    3. Die Diagrammatik-Forschung geht von der Peirce’schen Definition von Diagrammen als iko­ni­sche Relationsschemata (s.o.) aus. Mit Peirce wer­den diagrammhafte/diagrammatische Zeichen nicht nur in mate­ri­el­len, sche­ma­ti­schen Bildmedien gese­hen, son­dern auch in z.B. Texten, Theaterstücken, Filmen, Mythen, Verhaltensmustern, in Tabellen, in gespro­che­ner Sprache, in Bildern i.w.S., in (kon­zep­tu­el­len) Metaphern und ins­be­son­dere auch in Form von „men­ta­len Diagrammen“ im Denken (dia­gram­ma­tic reaso­ning, „anschau­li­ches Denken“). Die Diagrammatik-Forschung inter­es­siert sich ins­be­son­dere auch für den „semiotische[n] Übersetzungsprozess zwi­schen intern-men­ta­len Prozessen und extern-mate­ri­el­len Strukturen (und vice versa) — mit­hin zwi­schen Bewusstseins- und Kulturleistungen“ (ERNST und BAUER 2010: 22). Hinsichtlich der kogni­ti­ven Wirkung von Diagrammen sind zwei Phänomene her­aus­ge­stellt wor­den: (i) Diagramme schei­nen Schlussfolgerungen unmit­tel­bar nahe­zu­le­gen (Evidenzprinzip) und (ii) Diagramme wer­den men­tal nicht nur inter­pre­tiert, son­dern regen auch zur men­ta­len Rekonfiguration an (Virtualitätsprinzip), wodurch neue Vorstellungen ent­ste­hen kön­nen. (ERNST und BAUER 2010: 14f, 24) [DW]

      Quellen:
      BAUER, Matthias, und ERNST, Christoph. Diagrammatik: Einführung in ein kul­tur- und medi­en­wis­sen­schaft­li­ches Forschungsfeld. Bielefeld 2010. 
      STJERNFELT, Frederik. Diagrammatology. An Investigation on the Borderlines of Phenomenology, Ontology, and Semiotics. Amsterdam 2007. 
  2. Literatur zum Begriff
  3. BAUER, Matthias, und ERNST, Christoph. Diagrammatik: Einführung in ein kul­tur- und medi­en­wis­sen­schaft­li­ches Forschungsfeld. Bielefeld 2010.
    LJUNGBERG, Christina. Creative Dynamics: Diagrammatic Strategies in Narrative (Iconicity in Language and Literature 11). Amsterdam u.a. 2012.
    SCHNEIDER, Birgit, ERNST, Christoph, und WÖPKING, Jan. Diagrammatik-Reader. Grundlegende Texte aus Theorie und Geschichte. Berlin 2016.
  4. Weiterführende Links
  5. Rainer Totzke, Dimitri Liebsch, Joerg R. J. Schirra u. a. „Diagramm“, in: Glossar der Bild-Philosophie, hrsg. vom GIB Tübingen. 4.1.2014.
    Homepage von Gerhard Dirmoser (letz­ter Zugriff: 29.1.2016), mit zahl­rei­chen Dokumenten zu den Themen Diagrammatik und Mapping.

PDF Zitiervorschlag: Daniel A. Werning, „Diagramm“, Version 1.1, 10.10.2017, ORGANON ter­mi­no­logy tool­box, Berlin: eDoc-Server der Freien Universität Berlin.

PDF DOI: http://dx.doi.org/10.17169/
FUDOCS_document_000000027413


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Versionsgeschichte
  • Version 1.1 (diese Version) 
  • Version 1.0 (unpu­bli­ziert)

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